02.03.2022 - Pressemeldung
Köln, 02. März 2022 – Weltweit gibt es etwa 70 Millionen gehörlose Menschen. Für viele von ihnen ist Textsprache eine Fremdsprache; sie bedienen sich stattdessen der Gebärdensprache. Der Gesetzgeber hat auf den spezifischen Informationsbedarf von Menschen mit Behinderungen reagiert und verpflichtet in Deutschland Behörden und öffentliche Stellen bereits heute zu barrierefreier digitaler Kommunikation. Bundesweit gibt es zu wenige Übersetzer*innen, um standardisierte Texte in Gebärdensprache zu übersetzen. Technische Lösungen sind nicht verfügbar. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützten Projekt „AVASAG“ erarbeiten Expert*innen gemeinsam einen 3D-Gebärdensprach-Avatar zur automatisierten Übersetzung von Text in Gebärdensprache.
Im Mittelpunkt des seit Mai 2020 laufenden Forschungsvorhabens AVASAG steht eine menschzentrierte Lösung, die aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung der Gehörlosen-Community helfen soll, auch an digitalen Angeboten vollumfänglich teilhaben zu können. Analog eines Sprachübersetzers wird eine Lösung umgesetzt, die die Verständlichkeit von digitalen Angeboten für Gehörlose optimal ermöglicht. Gebärdensprache unterliegt gänzlich anderen Regeln als Lautsprache und fordert somit innovative Ansätze, die eine verständliche und akzeptierte Visualisierung ermöglichen. Aber auch die Einsatz- und Nutzungsformen eines Gebärdensprach-Avatars sind wesentlich und erfordern Standards für Behörden, öffentliche Stellen und Unternehmen, die digitale Inhalte barrierefrei zur Verfügung stellen. Die Bundesfachstelle Barrierefreiheit soll hier als weiterer Partner im Beirat unterstützen. Im Fokus steht dabei die Definition von Anforderungen und möglicher Einsatzformen von Gebärdensprach-Avataren, die zu einer möglichen Standardisierung führen sollen.
„Der Einsatz von Avataren in der automatisierten Übersetzung von Text in Gebärdensprache bietet eine erste Chance, um nicht nur einzelne Inhalte verständlich zu kommunizieren, sondern auch mit geringsten Barrieren zu ermöglichen.“, so Alexander Stricker, Geschäftsführer der Charamel GmbH und Projektleiter des AVASAG-Projektes. „Wir freuen uns sehr, dass die Bundesfachstelle Barrierefreiheit das AVASAG-Projekt unterstützt. So kann sichergestellt werden, dass eine für alle nutzbare Lösung für eine vollumfängliche digitale Teilhabe für Gehörlose realisiert wird.“
„Die von der Bundesfachstelle formulierten Ziele für eine echte Barrierefreiheit und uneingeschränkte Teilhabe decken sich mit den Zielen des Forschungsprojektes“, so Dr. Volker Sieger, Leiter der Bundesfachstelle Barrierefreiheit. „Unser Know-how kann für das weitere Gelingen helfen, um für die Zukunft Standards zu erarbeiten, wie der Einsatz von Gebärdensprach-Avataren sinnvoll ist.“
Die Bundesfachstelle Barrierefreiheit
Die Bundesfachstelle Barrierefreiheit wurde 2016 durch das Gesetz zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts errichtet. Das Gesetz legt wichtige Grundlagen zur Herstellung der Barrierefreiheit des Bundes fest. Die Fachstelle unterstützt Behörden und Verwaltungen bei der eigenständigen Umsetzung von Barrierefreiheit.
Als kompetente Ansprechpartnerin berät die Fachstelle zu verschiedensten Themen der Barrierefreiheit, vom baulichen Zugang über die barrierefreie Mobilität und Informationstechnik bis hin zur barrierefreien Information und Kommunikation. Nach Kapazität beantwortet die Bundesfachstelle auch Fragen zur Barrierefreiheit von der Wirtschaft und Zivilgesellschaft.
Die Bundesfachstelle Barrierefreiheit ist bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (KBS) angesiedelt.
Verbundprojekt AVASAG: Entwicklung eines 3D-Gebärdensprach-Avatars als Sprachassistent zur automatisierten Gebärdenübersetzung
In dem vom BMBF geförderten Verbundprojekt AVASAG (steht für Avatar-basierter Sprachassistent zur automatisierten Gebärdenübersetzung) arbeiten sechs Partner aus Forschung und Entwicklung unter der Leitung von Charamel (Spezialist für interaktive Avatar-basierte Assistenzsysteme) an einem echtzeitgesteuerten 3D-Gebärdensprach-Avatar zur automatischen Übersetzung deutscher Texte in Gebärdensprache. Im Projekt entsteht eine völlig neuartige Gebärdenanimations-Methode für 3D-Avatare: Sie kombiniert solche des maschinellen Lernens mit regel-basierten Synthesemethoden, die Text in Gebärden abbilden. Zeitliche und räumliche Abhängigkeiten der komplexen Gebärdenelemente werden dabei sehr genau aufgelöst. Damit wird eine qualitativ hochwertige, realistische Darstellung eines 3D-Gebärdensprach-Avatars erreicht. Entsprechende Angebote ermöglichen gehörlosen und hörbehinderten Menschen eine umfassendere gesellschaftliche Teilhabe und eine stärkere Integration in die „Digitale Gesellschaft“. Die Ergebnisse des Projektes werden gemeinsam mit der Gehörlosen-Zielgruppe evaluiert und im Anwendungsfeld Reiseinformation und -service mit assoziierenden Partnern erprobt.
Die Partner im Konsortium: im Verbund stark für gesellschaftliche Teilhabe
Unter Leitung der Kölner Charamel GmbH arbeitet ein Team von Vertreter*innen aus Hochschul- und Forschungseinrichtungen sowie Industrie an der Umsetzung des Projektes. Wesentlich für das Projekt ist die Mitarbeit gehörloser Mitarbeiter*innen, die auf dem Gebiet der Gebärdensprache Expert*innen sind. Partner des Projektes: Charamel GmbH, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) GmbH, Ergosign GmbH, Technische Hochschule Köln, Universität Augsburg, yomma GmbH. Darüber hinaus unterstützen zahlreiche assoziierende Partner, wie zum Beispiel die Deutsche Bahn, das Vorhaben.
BU: 3D Gebärdensprach-Avatar übersetzt Text in Gebärdensprache.
Bildnachweis: Copyright Charamel
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